Die Vorteile der Eigenverwaltung in der Insolvenz

Die Eigenverwaltung ist in den §§ 270 bis 285 Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Sie stellt eine Alternative zum Regelinsolvenzverfahren dar und zielt darauf ab, das Unternehmen unter der Leitung der bisherigen Geschäftsführung zu sanieren, statt es zerschlagen zu müssen. Dies erfolgt häufig im Rahmen eines sogenannten Insolvenzplans, mithin eines gerichtlich bestätigten Vergleichs mit allen Gläubigern, bei dem auch einzelne Gläubiger überstimmt werden können.

Während im Regelverfahren ein Insolvenzverwalter die Kontrolle übernimmt, bleibt in der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 270 Abs. 1 InsO beim Schuldner. Das Gericht bestellt lediglich einen Sachwalter (§ 274 InsO), der die wirtschaftliche Lage überwacht und die Interessen der Gläubiger wahrt.

1. Voraussetzungen der Eigenverwaltung

Nach § 270a Abs. 1 InsO kann die Eigenverwaltung beantragt werden, wenn:

  • keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führt, und
  • der Antragsteller (Schuldner) die Eigenverwaltung sachgerecht vorbereiten kann.

Die Geschäftsführung muss also kompetent, vertrauenswürdig und sanierungsfähig sein. In der Praxis setzen Gerichte zudem voraus, dass eine geordnete Buchführung, ein tragfähiges Sanierungskonzept und professionelle insolvenzrechtliche Beratung vorliegen.

2. Vorteile gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren

a) Erhalt der unternehmerischen Kontrolle

Die Eigenverwaltung wahrt die Leitungskompetenz der Geschäftsführung. Diese kennt das Unternehmen am besten und kann Entscheidungen über Fortführung, Personal und Sanierung schneller und sachnäher treffen. Dadurch bleibt die betriebliche Kontinuität gewahrt, was auch das Vertrauen von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern stärkt.

b) Förderung der Sanierung

Die Eigenverwaltung erleichtert die Umsetzung eines Insolvenzplans (§§ 217 ff. InsO). Das Unternehmen kann mit Zustimmung der Gläubiger Verbindlichkeiten reduzieren, Verträge anpassen und Kapitalmaßnahmen durchführen.

In Verbindung mit dem Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO kann das Unternehmen sogar vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Sanierungsmaßnahmen vorbereiten, während es unter gerichtlichem Schutz steht.

Damit ist die Eigenverwaltung ein zentrales Instrument des modernen Sanierungsrechts.

c) Kostenvorteile

Da kein Insolvenzverwalter eingesetzt wird, sondern nur ein Sachwalter, sind die Verfahrenskosten geringer (§ 54 InsO i.V.m. § 274 Abs. 2 InsO). Dies erhöht die Insolvenzmasse, was letztlich den Gläubigern zugutekommt und die Sanierungschancen erhöht.

d) Verbesserung der Gläubigerbefriedigung

Die Praxis zeigt, dass bei erfolgreichen Eigenverwaltungen höhere Gläubigerquoten erzielt werden als in klassischen Insolvenzverfahren. Dies liegt daran, dass die operative Tätigkeit meist fortgeführt wird und durch den Erhalt der Wertschöpfung mehr Masse generiert werden kann.

d) Verbesserung der Gläubigerbefriedigung

Der Sachwalter überwacht die Eigenverwaltung unabhängig (§ 274 Abs. 2 InsO), was Transparenz schafft. Zugleich bleibt das Verfahren für Außenstehende oft weniger stigmatisierend, da das Unternehmen „in Eigenregie“ handelt – ein psychologisch wichtiger Faktor für Geschäftspartner.

3. Verbindung zum Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO)

Das Schutzschirmverfahren ist eine besondere Form der Eigenverwaltung. Es kann beantragt werden, wenn Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten, aber drohend ist (§ 270b Abs. 1 InsO). Das Gericht gewährt dann einen „Schutzschirm“ von bis zu drei Monaten, in dem der Schuldner einen Insolvenzplan vorbereitet – ohne Vollstreckungsdruck.

Diese Variante wird häufig von Unternehmen genutzt, die frühzeitig Sanierungsschritte einleiten wollen, etwa durch:

  • Neuverhandlungen mit Gläubigern,
  • Sanierungsbeiträge der Gesellschafter,
  • oder übertragende Sanierungen („Pre-Pack“).

4. Verhältnis zum StaRUG

Das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) ergänzt seit 2021 die Möglichkeiten der außergerichtlichen Sanierung. Es ermöglicht eine vorinsolvenzliche Restrukturierung, also eine Sanierung ohne Insolvenzverfahren, wenn nur einzelne Gläubigergruppen eingebunden werden müssen.

Im Unterschied dazu bietet die Eigenverwaltung den gerichtlichen Schutz der InsO, inklusive Vollstreckungsschutz (§ 89 InsO) und Haftungsbegrenzung. Beide Instrumente – StaRUG und Eigenverwaltung – sind daher komplementär:

Das StaRUG dient der frühen Restrukturierung, die Eigenverwaltung der gerichtlich überwachten Sanierung in der Krise.

5. Fazit

Die Eigenverwaltung vereint unternehmerische Eigenverantwortung mit gerichtlicher Aufsicht. Sie ermöglicht eine effiziente, transparente und oft erfolgreichere Sanierung als das klassische Insolvenzverfahren. Besonders in Kombination mit dem Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) stellt sie ein modernes, gläubigerfreundliches Instrument dar, das Arbeitsplätze sichert, Werte erhält und Sanierungen planbarer macht.

Voraussetzung bleibt jedoch ein frühzeitiges Handeln und eine professionelle Vorbereitung – denn nur wer die Krise rechtzeitig erkennt, kann sie in Eigenverwaltung erfolgreich meistern.

Wenn Sie Hilfe benötigen oder der Meinung sind, dass Ihrem Unternehmen die Insolvenz droht oder vielleicht sogar schon ein Insolvenzgrund vorliegt, dann wenden Sie sich gerne an mich. Ich stehe Ihnen gerne bundesweit mit meiner mehr als 25-jährigen Erfahrung als Insolvenzverwalter und auch als Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht zur Verfügung.

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